Desertifikation: Ursachen, Verbreitung, Folgen

Desertifikation: Ursachen, Verbreitung, Folgen
Desertifikation: Ursachen, Verbreitung, Folgen
 
Der Begriff »Desertifikation« (englisch: desertification) umschreibt den Vorgang des »Wüst Machens« oder besser »Zur-Wüste-Machens«. Er ist aus dem Lateinischen »desertus(a) facere« abgeleitet und betont dabei in dem Suffix -fikation das »Machen«, was auf den Eingriff des Menschen und seine Tätigkeit hinweisen soll. Denn der Mensch ist an dem Vorgang der Desertifikation entscheidend beteiligt. Insofern ist auch eine Gleichsetzung mit dem manchmal noch verwendeten Begriff »Desertisation« nicht sinnvoll, denn solches »Zur-Wüste-Werden« kann auch als alleinige Folge eines klimatisch bedingten Trockenerwerdens erklärt werden, also ohne anthropogenen Einfluss. Ebenso sind Begriffe wie »Wüstenbildung« oder »Wüstenausbreitung«, wie sie in der deutschen Entwicklungspolitik teilweise verwendet wurden, meist nicht sinnvoll.
 
Geographisch gesehen kann eine Wüste nur dort entstehen, wo die klimatischen Bedingungen dies begünstigen und erlauben. Daher kann auch nur in den trockenen Randgebieten der großen Wüsten Desertifikation eintreten, jedoch nicht in einem Feuchtklima, wo es gleichwohl zu starken Degradationserscheinungen im Ökosystem kommen kann. Dies sind zum Beispiel schädliche Veränderungen des Wasser- und Nährstoffgehaltes der Böden oder in der Pflanzenwelt. Die Anwendung des Begriffs Desertifikation wird somit auf die Trockengebiete der Erde mit ihren Steppen und trockenen Savannen eingeschränkt.
 
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (englisch: UN Environmental Programme, UNEP) in Nairobi und eingeschränkt auch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (englisch: UN Development Programme, UNDP) in New York haben sich seit der UN-Desertifikations-Konferenz (englisch: UN Conference on Desertification, UNCOD) 1977 auch mit der Terminologie dieses ökologisch wichtigen Vorganges befasst. Seit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (englisch: UN Conference on Environment and Development, UNCED) in Rio de Janeiro, Brasilien, 1992, gilt folgende Definition:
 
Desertifikation ist Landdegradation in ariden, semiariden und trocken-subhumiden Gebieten. Sie beruht auf verschiedenen Faktoren, und zwar sowohl aufgrund von Klimaschwankungen als auch von menschlichen Aktivitäten.
 
Wichtig ist auch, dass durch Desertifikation nicht sogleich und überall wirkliche Wüsten entstehen, wohl aber wüstenähnliche Verhältnisse (»desertlike conditions«) in Steppen und Savannen der Trockengebiete, die natürlich eine Schädigung der Ressourcen im Naturpotenzial und damit auch der Umwelt selbst bedeuten. Die Desertifikation kann dabei in verschiedenen Desertifikationsgraden (von leicht bis irreversibel) auftreten, je nach Intensität und Dauer der Degradationsprozesse. Dies führt uns zur jüngsten terminologischen Diskussion.
 
Landdegradation und Desertifikation
 
Eine gewisse Verwirrung bei der Verwendung des Begriffes »Desertifikation« hat dazu geführt, dass einige Fachautoren diesen Begriff durch »Landdegradation« ersetzen möchten. Das ist nicht sinnvoll und wäre auch nicht durchführbar, denn der Terminus »Desertifikation« wird heute weltweit von vielen, von fachlichen bis zu politischen Institutionen verwendet.
 
Dennoch ist es angebracht, wie bisher auch üblich, den Begriff der Degradation im Rahmen des gesamten Themenkomplexes der Desertifikation zu verwenden. Wie in der UNEP-Definition festgelegt wurde, ist Desertifikation auch Landdegradation, und zwar in den Trockengebieten. Landdegradation findet aber auch in nicht ariden Gebieten der Erde statt, ohne dort zur Desertifikation mit wüstenähnlichen Bedingungen zu führen.
 
Der Prozess der Desertifikation umfasst:
 
— die Degradation der Pflanzendecke
 
— die Degradation der Bodendecke
 
— die Degradation des Wasserhaushaltes
 
— folglich Veränderungen im morphodynamischen System
 
— Veränderungen im mikro- und mesoklimatischen Bereich
 
— Aridifizierung im gesamten Ökosystem.
 
Neben diesen geoökologischen Folgen hat die Desertifikation auch sozioökonomische Folgen, die mit dem Begriff der Landdegradation nicht erfasst werden.
 
Ein Problem der Vereinten Nationen
 
Die lang anhaltende Dürre in der Sahelzone (1969—1973) und ihre ökologischen und sozioökonomischen Folgen veranlassten sowohl Fachwissenschaftler als auch die Vereinten Nationen diesem klimatischen Phänomen nachzugehen und dabei auch nach dem anthropogenen Faktor zu fragen: Tragen die Menschen selbst dazu bei, die Dürre zur Dürrekatastrophe werden zu lassen?
 
Schon lange vorher gab es Untersuchungen über den Anteil des Menschen am Austrocknungsprozess, wobei besonders die Vernichtung des Baumbestandes und die Überweidung angeführt wurden. Noch in den 1950er-Jahren wurde in UNESCO-Berichten die Grenze der Tragfähigkeit der westafrikanischen Savanne für Weidetiere als noch nicht erreicht dargestellt. Doch dann setzte die Dürre in der Sahelzone dieser Theorie ein Ende. Aufgrund des Anteils des Menschen an dieser Dürrekatastrophe (eben diesem »Wüst Machen«) entschlossen sich die Vereinten Nationen 1977 eine Desertifikations-Konferenz in Nairobi zu veranstalten. Aus allen Trockengebietsländern der Welt wurden in Nairobi Berichte über die Desertifikation vorgelegt. Institutionen zur Erforschung und Bekämpfung der Desertifikation wurden ins Leben gerufen. Dass dabei oft Folgen der Dürre und der Desertifikation nicht unterschieden wurden, machte die überall einsetzenden Anstrengungen zur Bekämpfung schwierig, weil Maßnahmen gegen Dürrefolgen andere sein müssen als gegen die von den Bewohnern selbst ausgelöste Verwüstung.
 
Die UNEP hatte diese Weltkonferenz intensiv vorbereitet, indem sie vier Faktoren der Desertifikationsproblematik hervorhob: Klima, ökologischer Wandel, Technologie sowie soziale und Verhaltensaspekte. Bezogen auf diese Faktoren wurde dann ein Plan zur Bekämpfung der Desertifikation (englisch: Plan of Action to Combat Desertification) zusammengestellt. Seit 1977 fanden mehrere Folgekonferenzen statt, bis 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt- und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro in der Agenda 21 die Desertifikation erneut als eine zu bekämpfende schwere Umweltschädigung herausgestellt wurde.
 
 Verbreitung und Ursachen
 
Betrachtet man eine Karte der Verbreitung der Desertifikation auf der Erde — eine erste Übersichtskarte wurde von der UNEP/UNCOD 1977 für die Weltkonferenz erstellt —, so wird der Zusammenhang zwischen der Verbreitung der klimatisch bedingten Trockenzonen und der Desertifikationsgebiete deutlich. In der Alten Welt, besonders in Afrika, sind diese Gebiete klar zonal angeordnet, die sich nach Zentralasien zu dann zu einem inneren kontinentalen Trockengebiet ausweiten. In Nord- und Südamerika folgen die Trockengebiete der Nord-Süd-Ausrichtung der Kordilleren; zum Teil liegen sie im intramontanen Bereich (zwischen Küstengebirge und Rocky Mountains), zum Teil an der Küste (vor allem die Atacama in Chile), zum Teil im Lee, das heißt an der windabgewandten Seite dieser Hochgebirge. Die Ariditätsgrade reichen dabei von den extremariden über die semiariden bis zu den »dry subhumiden« (UNEP), das heißt trocken-randfeuchten Zonen.
 
Die vollariden Wüsten sind — da von Natur aus schon wüstenhaft — keine eigentlichen Desertifikationsgebiete (allenfalls in Oasen kommen Desertifikationserscheinungen vor). Diese konzentrieren sich vielmehr auf die randlichen Steppen in den Subtropen und auf die trockenen Savannen in den Randtropen. Diese Zonen sind auch von der Bevölkerung flächenhaft genutzte Weide- und Anbaugebiete.
 
In Australien ist die Desertifikation weit verbreitet. 75 Prozent des Kontinents sind Trockengebiete mit unterschiedlichen Graden der Aridität, nur die Nordost- und die Ostküste sind feuchter.
 
Auch wenn Trockengebiete definitionsgemäß durch das aride Klima bedingt sind, so ist doch der Grad der Desertifikation in erster Linie eine Folge des Eingriffs des Menschen in das jeweilige Ökosystem, und zwar sowohl durch die Anbaumethoden als auch durch die Art der Tierhaltung. Die Art und Weise der Landnutzung hat verschiedene Formen der Landdegradation zur Folge, die schließlich zu unterschiedlich ausgeprägter Desertifikation führen. Daher kann die Verbreitung von Steppen und Savannen, von Natur aus meist semiaride Landschaften, an sich noch nichts über die Art und Intensität der Desertifikation aussagen. Erst der Vergleich mit der Bevölkerungsdichte und den Landnutzungsmethoden gibt Hinweise auf die Gefährdung durch Desertifikation.
 
Die Folgen der Desertifikation sind im Landschaftsbild durch Schädigung der Pflanzendecke und durch verstärkte Erosionserscheinungen auch auf den Satellitenbildern klar erkennbar.
 
Vor allem die Landnutzungszonen in Trockengebieten Nordamerikas (mit 74 %), Afrikas (mit 73 %), Südamerikas (mit 72 %) und Asiens (mit rund 70 %) sind von Desertifikation betroffen. Aber auch die Trockengebiete in Europa (Spanien, Süditalien und Griechenland) sind zu 65 % geschädigt und Australien ist mit 54 % ebenfalls stark betroffen. In den Trockengebieten der beiden zuletzt genannten Kontinente überwiegt, besonders in Europa, die Desertifikation im Weideland. Am wenigsten ist hier das Bewässerungsland geschädigt.
 
Diese Datensammlung der UNEP war für den Welt-Umweltgipfel in Rio 1992 (UNCED) zusammengetragen worden und ist in die verabschiedeten Umweltpläne eingegangen, in denen Empfehlungen für die Bekämpfung der Desertifikation ausgesprochen wurden.
 
In den von der Desertifikation stark betroffenen Gebieten leben heute nach Angaben der UNEP etwa 135 Millionen Menschen. Da viele Entwicklungsländer, besonders in Afrika, in solchen Gebieten der Trockenzone liegen, ist hierdurch auch ihre Nahrungssicherung gefährdet. Infolge der starken Degradierung der Weidegebiete leiden vor allem die Tierhalter unter der Schädigung der Ressourcen. Aber auch die landwirtschaftliche Nutzung durch Regenfeldbau ist gefährdet; etwa die Hälfte der so bewirtschafteten Gebiete sind schon geschädigt.
 
In Bewässerungsgebieten schreitet oft die Versalzung ganzer Flächen voran, wenn nicht ausreichend Wasser für die Be- und Entwässerung zur Verfügung steht. Die Dürreperioden sind ebenfalls an der Desertifikation in allen diesen Gebieten beteiligt. Dann können mehrere Dürrejahre leicht zu einer Dürrekatastrophe führen.
 
Klimatische Bedingungen
 
Die Aridität in den Trockenzonen der Erde, die sich im Wesentlichen aus dem Verhältnis der Niederschlagsmenge zur Verdunstungshöhe, und zwar sowohl der strahlungsbedingten Verdunstung (Evaporation) als auch der über die Pflanzen wirksamen Verdunstung (Transpiration) errechnet, wird in Form eines Ariditätsindex erfasst. Dieser Index weist die graduell unterschiedliche Aridität in extrem bis vollaride, in semiaride Gebiete und in die subhumide Übergangszone aus. Die beiden letzteren Zonen sind infolge ihrer Landnutzungsmöglichkeiten am stärksten durch die Desertifikation gefährdet. Betrachtet man die Verbreitung dieser Ariditätsstufen, so nimmt (nach UNEP) die extrem und vollaride Zone 19,6 % der festen Erdoberfläche ein, 17,7 % die semiaride und 9,9 % die trockene subhumide Zone. Ohne die subhumide Übergangszone umfasst die aride Zone mit 37,3 % damit mehr als ein Drittel der festen Erdoberfläche.
 
Eine andere Möglichkeit der Definition desertifikationsgefährdeter Zonen ist der Ariditätsindex nach Michail Budyko. Er setzt den Nettobetrag der Strahlung in Beziehung zu der Energie, die notwendig ist, um die mittlere Jahresniederschlagsmenge zu verdunsten. Für eine solche Berechnung reicht oftmals die meteorologische Datensammlung nicht aus.
 
Die geringen Niederschläge in der Trockenzone beschränken die Landnutzungsmöglichkeiten erheblich. Hierbei kommt es nicht nur auf eine ausreichende Menge (mittlere Jahresmenge), sondern besonders auf die von Jahr zu Jahr unterschiedliche Gesamtsumme in ihrer Verteilung innerhalb der Regenzeit an. Diese Variabilität der Niederschläge ist sowohl für den Anbau als auch für das Weideland ganz entscheidend. In dieser »Regen-Unsicherheit« liegt eine der größten Ursachen für Desertifikationsprozesse, weil die Erntemenge durch Dürren sehr gefährdet ist und enorm schwankt. Die sesshaften Getreide(Hirse)-Bauern versuchen in Trockenjahren durch Erweiterung der Anbaufläche ihren Lebensunterhalt (Subsistenz) zu sichern. Dadurch wird das Ökosystem gerade in Dürrezeiten überstrapaziert und die Degradation des Bodens, des Bodenwasserhaushaltes und der Pflanzenwelt so beschleunigt, dass es zu schwerwiegender Desertifikation kommt. Ähnliche Prozesse werden in Perioden geringerer oder ausbleibender Regenmengen auch im Weideland ausgelöst. Die Degradation der Weidevegetation führt zu fortschreitender Desertifikation mit allen ihren Folgen.
 
Bei den vorherrschenden Landnutzungsarten ist also die klimatische Variabilität eine entscheidende Ursache für die dann anthropogen, also durch menschliche Aktivitäten ausgelösten Desertifikationsprozesse, die oftmals die naturgegebene klimatische Dürre zur Dürrekatastrophe werden lassen. Hieraus geht hervor, dass die Jahresmittelwerte des Niederschlags zur Beurteilung des Landnutzungspotenzials oder zur Festlegung seiner ökologischen Grenzen nur wenig geeignet sind. Die Festlegung einer statischen klimatisch-agronomischen Trockengrenze bei etwa 300 Millimeter Jahresniederschlag wird der klimatischen Wirklichkeit nur bedingt gerecht. Man muss berücksichtigen, dass sich diese Grenze von Jahr zu Jahr um mehr als 100 Kilometer verlagern kann. Entsprechend muss eine Anpassung durch Flexibilität im Anbau und in der Bestockung des Weidelandes erfolgen, wenn nicht Dürren durch Desertifikation in ihrer Auswirkung verschlimmert werden sollen.
 
Das aride Klima ist ein entscheidender Faktor im Ursachenkomplex der Desertifikation. Dennoch kann sich in einem ariden Gebiet ein durchaus stabiles Ökosystem entwickeln, das erst durch den auf die naturräumlichen Gegebenheiten wenig Rücksicht nehmenden menschlichen Eingriff zu einem »fragilen« System werden kann. Die Möglichkeiten der Landnutzung durch den Menschen sind dann immer stärker eingeschränkt.
 
Anthropogene Ursachen
 
Jede Nutzung des Ressourcenpotenzials (Vegetation, Boden, Wasser) ist mit einem Eingriff in das jeweilige Ökosystem verbunden. Um dabei größere oder irreversible Schäden zu vermeiden und die natürliche Regenerationskraft dieses Ökosystems zu erhalten, muss die Ressourcennutzung ökologisch angepasst sein. Dies bedeutet eine Nachhaltigkeit anzustreben, die auch die zukünftige Nutzung des gegebenen Potenzials gestattet.
 
Es ist daher wichtig, sich gerade in den Entwicklungsländern über die Wirkung von Eingriffen des Menschen klar zu werden, die zur Landdegradation und schließlich zur Desertifikation führen. Welches sind solche anthropogenen Ursachen in den Trockengebieten?
 
Die Bedeutung der Bevölkerungsentwicklung
 
In den meisten Entwicklungsländern wächst die Bevölkerung rasch an, was auch für die Trockengebiete der Erde gilt. Die jährlichen Zuwachsraten, die in den einzelnen Ländern zwischen 2,5 und 4 Prozent liegen, geben jedoch keine Auskunft über die unmittelbare Beziehung zu den Desertifikationsgebieten, zumal das Bevölkerungswachstum gerade in diesen Ländern auch von einer verstärkten Bevölkerungsbewegung innerhalb des jeweiligen Landes und in das Ausland abhängt (Arbeiterwanderungen).
 
Die Bevölkerungsdichte ist in den Trockenräumen viel geringer als in den feuchteren Gebieten. Sie hängt weitgehend vom Nutzungspotenzial ab, das in den einzelnen Landesgebieten sehr unterschiedlich ist. So kann eine Bevölkerungsdichte von 20 bis 30 Einwohnern pro Quadratkilometern bei manchen Nutzungssystemen schon große Desertifikationsgefahren mit sich bringen. Die Bevölkerungszahl pro Areal kann daher nur im Zusammenhang mit der jeweiligen sozialen und wirtschaftlichen Situation als ursächlich für die Auslösung von Degradierungsvorgängen angesehen werden. Der Zusammenhang von Bevölkerungsdichte und -wachstum und der Desertifikation muss folglich von Region zu Region und auch lokal unterschiedlich bewertet werden.
 
Generell jedoch birgt die Bevölkerungszunahme in den Trockengebieten der Entwicklungsländer auch die Gefahr einer rascher voranschreitenden Desertifikation.
 
Das soziale Umfeld der Volksgruppen in Desertifikationsgebieten
 
Wie wir aus der Situation während der Dürren in den Sahelländern Afrikas gelernt haben, kommt auch dem ethnisch-sozialen Umfeld große Bedeutung als anthropogene Ursache der Desertifikation zu. Ethnische Gruppen mit einem traditional weitergegebenen Kulturgut verwendeten in der Regel den naturräumlichen Gegebenheiten angepasste Methoden der Landbewirtschaftung, die auf Sicherung ihres Lebensunterhaltes ausgerichtet waren. Durch die Bevölkerungszunahme, durch Aufgabe wertvoller Traditionen (zum Beispiel der Vorratswirtschaft), durch Einschränkungen der Wanderungsbewegung der Nomaden, durch Änderung der Bodennutzungsrechte der verschiedenen Volksgruppen im Zuge der europäischen Kolonisierung und schließlich durch deren Auseinandersetzungen bis hin zu kriegerischen Handlungen entstand ein Rahmen, der eine ökologisch nicht angemessene Landnutzung entscheidend förderte und zur Übernutzung des Naturpotenzials führte. Desertifikationsprozesse waren die Folge. Die fortschreitende Verarmung großer Teile der einstigen Traditionsgesellschaften verstärkte diese Prozesse. Vorstellungen über den Erhalt des Naturpotenzials auch für zukünftige Generationen traten dabei in den Hintergrund oder wurden verdrängt, denn es ergaben sich neue, von den Kolonialherren mitgebrachte Ziele, wie beispielsweise die rasche Vermarktung der Agrarprodukte, und man erhoffte sich neue Erwerbsmöglichkeiten in anderen Regionen (Abwanderung in die Städte) oder im Ausland.
 
In der Folge entwickelten die Einheimischen Nutzungsformen und Verhaltensweisen, die die Naturräume überstrapazierten. Dies war bei den nomadischen Volksgruppen Afrikas ganz ähnlich wie bei den durch die Kolonialherren fast vernichteten Indianerkulturen in Südamerika: Auch hier ist die Übernutzung der Naturressourcen überall zu beobachten. Anders verliefen solche Entwicklungen in den späteren Industrieländern mit anteiligen Trockengebieten, wie in Nordamerika oder Australien. Hier ist der Desertifikationsprozess zumeist auf kapitalwirtschaftliches Denken zurückzuführen und hat keine traditionalen Grundlagen.
 
Politisch-ökonomische Hintergründe
 
Aus der bisherigen Darstellung anthropogener Ursachen der Desertifikation ging bereits hervor, dass alle genannten Faktoren auch etwas mit der jeweiligen politisch-wirtschaftlichen Entwicklung zu tun haben. So sind etwa die Tierhaltergruppen in Afrika ganz anderen Bedingungen unterworfen als die in Mittel- und Zentralasien mit sozialistischer Gesellschaftsordnung (ehemals Sowjetunion und China) oder aber die Tierhalter und -züchter Australiens. Rein privatwirtschaftliche Interessen stehen staatlichen Planmaßnahmen gegenüber und schaffen zusätzlich zur Verschiedenartigkeit des Naturraums Differenzierungen. So lag zum Beispiel die Weidewirtschaft ehemaliger Nomaden im damals sowjetischen Turkmenistan und Usbekistan in der Hand staatlicher Sowchosenbetriebe. Dennoch ist die Desertifikation überall im Fortschreiten, weil es offenbar schwierig ist, eine rein ertragswirtschaftlich orientierte Bevölkerung an eine ökologisch ausgerichtete nachhaltige Entwicklung heranzuführen und damit den Erhalt des naturgegebenen Potenzials zu gewährleisten. Dies wäre zur Bekämpfung der Desertifikation in den Trockengebieten der Erde vor allem erforderlich, und zwar mit Hilfe von Maßnahmen, die über solche wie etwa die Bodenerosionskontrolle hinausgehen, da hiervon ja nur die Symptome dieser Umweltschädigung betroffen sind. Maßnahmen in Bezug auf die Landnutzungsmethoden sind notwendig, wozu auch eine ökologisch ausgerichtete Landnutzungsplanung gehört, die in Gesetzen verankert und in der staatlichen Wirtschaftsordnung integriert sein müs- sen. Leider ist dieses in den meisten von Desertifikation betroffenen Ländern bis heute nicht der Fall.
 
 Folgen für die Landschaft
 
Seit langem ist bekannt, dass die Landschaften aller Klimazonen der Erde Schäden aufweisen, die auf ökologisch nicht angepasste Landnutzung zurückzuführen sind. Dazu gehört zum Beispiel die Bodenerosion (»soil erosion«), die ja in Mitteleuropa schon im Neolithikum und dann besonders in den großen Rodungsperioden des Mittelalters ausgelöst wurde und zu den Auelehmablagerungen (und damit zur Hochwassergefährdung) in den Tälern führte. In den Mittelmeerländern sind solche Erosionsschäden von besonderer Art. Sie sind schon seit der griechisch-römischen Zeit zu verzeichnen und werden allgemein auf die starke Entwaldung zurückgeführt.
 
In den desertifikationsgeschädigten Teilen der Steppen und Savannen zeigt sich jedoch ein Komplex von geoökologischen Schäden, der weit reichende Folgen für das gesamte Ökosystem dieser Trockengebiete hat und das ohnehin beschränkte Ressourcenpotenzial noch verringert; dies kann dort für große Bevölkerungsteile lebensbedrohend werden. Auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Desertifikation sind hier schwieriger als in den Landschaftszonen mit ganzjährigen Niederschlägen.
 
Die Degradation der Pflanzendecke
 
Jede Landdegradation, besonders in den Steppen und Savannen, beginnt mit einem ökolo- gisch schädlichen Eingriff in die Vegetationsdecke, sei es in den Baumbestand oder in die Strauch- oder Grasdecke. Dies hat gravierende Folgen für das gesamte Ökosystem. Besonders folgenschwer ist es, wenn auch die natürliche Regenerationskraft dieser Pflanzenwelt gestört wird. Die ohnehin in Dürrezeiten leidende Vegetation wird gehindert, sich in feuchteren Perioden auf natürliche Weise zu regenerieren, wenn zum Beispiel die Wurzelschicht oder die Samen in der oberen Bodendecke zerstört worden sind.
 
Zu den wichtigsten Schädigungen des Ökosystems zählen: in den subhumiden Randzonen der Steppen der Kahlschlag des schütteren Waldbestandes sowie in den Steppen selbst die Beseitigung des ohnehin spärlichen Baumbestandes, der kaum noch Nachwuchschancen hat. In den Savannen, die einen dichteren Baumbestand haben, vor allem mit Akazien, wird dieser durch rücksichtslosen Holzeinschlag für Feuerstellen und Abschlagen des Laubs als Ziegenfutter sowie für die Errichtung von Tierschutzzäunen schwer geschädigt. Verschwindet ein Baum, entfällt auch seine Schattenwirkung und schon dadurch ergibt sich eine Austrocknung der niedrigen Pflanzendecke und des Bodens. Die Entstehung der Savannen mit ihrem weitständigen Baumbestand innerhalb von Grasdecken wird ohnehin auf menschliche Eingriffe in eine Waldvegetation bereits in der Frühzeit zurückgeführt. Die wüstennahe Dornbuschsavanne stellt eine bioklimatische Übergangszone zur Wüste dar, in der heute die Desertifikation besonders rasch voranschreitet.
 
Die Zerstörung der Vegetationsdecke hat aber besonders im Grasland weit reichende Folgen. Betroffen hiervon sind in der Trockenzone die ausgedehnten Weidegebiete. Welches sind die unmittelbaren Folgen? Zunächst entstehen durch ökologisch nicht angepasste Überweidung infolge zu hohen Viehbesatzes oder auch eingeschränkter Wanderungsmöglichkeiten kahl gefressene Weideareale. Die vegetationslosen Freiflächen werden immer größer und dehnen sich fleckenhaft über die Weidegebiete aus. Daraufhin erhöht sich dort die Ein- und Ausstrahlung mit erhöhter Verdunstung und Austrocknung des Bodens, womit eine Aridifizierung (Austrocknung des Ökosystems) eintritt.
 
Wie die Beobachtungen zeigen, haben dann nur noch trockenresistente Pflanzen eine Überlebenschance. Da diese zumeist nicht als Futtermittel geeignet sind, ist die Verschlechterung des Weidelandes eine unmittelbare Folge. Dies ist schon in weiten Gebieten der Steppen eingetreten, wie unten ausgeführte regionale Beispiele zeigen.
 
Die durch den Menschen verursachte Degradation hat aber auch im Ackerland bis zur klimatischen Anbaugrenze, der agronomischen Trockengrenze, Folgen für die Vegetation. In den Randgebieten des Regenfeldbaus, der hier infolge der hohen Niederschlagsvariabilität ohnehin großen Produktionsschwankungen unterworfen ist, werden ebenfalls vegetationslose Freiflächen erzeugt, in denen dann die Aridifizierung rasch voranschreitet. Da in vielen Trockengebieten nach der Ernte die Pflanzenreste (selbst die Wurzelballen) ganz aus dem Boden entfernt werden, wird die Austrocknung weiter gefördert. Dieser Eingriff in den Wasserhaushalt des Bodens bewirkt in Dürrezeiten besonders starke Desertifikation.
 
In den nachfolgenden Teilabschnitten wird immer wieder der Zusammenhang aller geoökologischen Desertifikationserscheinungen mit der Vegetationszerstörung deutlich. Diese steht daher am Anfang der Folgenkette, die die Eingriffe des Menschen in dieses dann labil werdende Ökosystem mit sich bringen.
 
Erosionsprozesse und die Veränderungen im Ökosystem
 
Die Degradation der Vegetationsdecke durch die Desertifikation in den Trockengebieten hat auch Folgen für die morphologischen Prozesse der Erosion, also für die Morphodynamik. Denn durch die Freilegung der Bodenoberfläche infolge der Vegetationszerstörung verändern sich die wirksamen Faktoren dieser Morphodynamik, wie Wasser und Wind, die zusammen die Erosionsvorgänge überwiegend steuern. Natürlich hängt die Wirksamkeit dieser Prozesse außerdem von der Art des Gesteinsuntergrundes und der Zusammensetzung der jeweiligen Verwitterungsschicht (Substrat) ab; ebenso haben die Geländeformen einen Einfluss darauf. In flachem Gelände sowie in Senken und Mulden und besonders an den Hügel-, Berg- und Gebirgshängen laufen, durch die Desertifikation ausgelöst, jeweils andere Prozesse ab. Die in der Trockenzone ablaufenden dynamischen Prozesse der natürlichen Oberflächengestaltung werden unter dem Begriff arid-morphodynamisches System zusammengefasst.
 
Vegetationsfreie Landoberflächen unterliegen bei den oft als Starkregen auftretenden Niederschlägen in erhöhtem Maße der Erosion. Die dünnen Bodendecken in den Trockengebieten werden leicht weggeschwemmt und an den Hängen ganz abgetragen. Das sandige und tonige Feinmaterial gelangt dann in die großen Trockentäler (Wadis) und füllt diese allmählich auf. Es handelt sich bei diesen Abtragungsprozessen also um einen verstärkten Erosionsvorgang, der bei konzentriertem Abfluss des Regenwassers auch zu linienhaften Erosionsformen wie Rinnen und Gräben (Gullies) führen kann. Insgesamt gehen dadurch viele Anbauareale verloren oder sie verschlechtern sich erheblich. Allerdings ist nicht jede Erosion eine Folge von menschlichen Aktivitäten oder dadurch verstärkten Desertifikationsprozessen; denn auch in den Trockengebieten, selbst in den Wüsten, wirkt die natürliche Erosion, die dann, wenn sie anthropogen verstärkt wird, vor allem die Bodendecke betrifft. In vielen verallgemeinernden Darstellungen wird der »Kampf gegen die Erosion« nicht differenziert genug gesehen, sodass manche Erosionsschutzmaßnahmen erfolglos geblieben sind. Indessen kann die durch menschliche Eingriffe verstärkte Erosion in weichen Sedimentschichten zu Geländeformen führen, die keinerlei Nutzung durch den Menschen mehr zulassen. Nach dem berühmten Beispiel im Westen Nordamerikas bezeichnet man diese so entstandenen Erosionsareale als Badlands. Wir finden sie heute weit verbreitet in den Steppen und Savannen. Im Ackerland treten oft einige Meter tiefe Erosionsgräben (spanisch: arroyos) auf, die sich rasch weiter vertiefen und im ebenen Gelände auch wieder aussetzen können. Anthropogen verstärkte Erosion erkennt man oft daran, dass restliche Büsche auf Erdsockeln die Erosionsfläche überragen und dadurch die Mächtigkeit der abgetragenen Bodenschichten anzeigen.
 
Neben der Erosion durch fließendes Wasser (fluviale Erosion) gehört in den Trockengebieten besonders die Winderosion (Deflation) zum arid-morphodynamischen System. Durch die Desertifikationsprozesse mit Vernichtung von Bäumen, Sträuchern und Grasdecken wird die Windenergie erheblich verstärkt. Die Auswirkungen sind auch hier in der Verstärkung der Erosionsprozesse mit Ausblasung der durch Wind transportablen Korngrößen der Bodensedimente, wie Schluff und Fein- bis mittelgrober Sand, zu sehen. Weite Sandüberdeckung auch von Anbauflächen ist die Folge. Es bilden sich kleine Sandhügel um die Strauchvegetation herum, die Nebka (tunesisch-arabische Bezeichnung) genannt werden, ein Terminus, der heute international in der Desertifikationsforschung verwendet wird. Solche Nebkas bedecken in dichter Verbreitung viele Steppenweideflächen und sind erste Zeugen für eine verstärkte Winderosion und Auswehung der in den Böden erhaltenen Samen. Selbst in Ackerbaugebieten erreichen die Nebkas manchmal Höhen von ein bis zwei Metern. Allgemein kann man feststellen, dass in Gebieten mit starker Desertifikation die morphodynamische Windwirkung sich erheblich verstärkt. Oft ist dann auch die Zunahme von Staubstürmen die Folge.
 
Fasst man diese an der Erdoberfläche sichtbaren Anzeiger (Indikatoren) der Desertifikation im morphodynamischen Wirkungsgefüge zusammen, so erkennt man, dass hier Vorgänge ablaufen, die sich vor allem in einer Verschlechterung der Landnutzungsmöglichkeiten auswirkten. Dies betrifft dabei ebenso die Böden wie den gesamten Wasserhaushalt.
 
Bodenkundliche Indikatoren der Desertifikation
 
Agrarwirtschaftlich wirkt sich eine Verschlechterung der Böden sehr schnell als Verringerung der Ernteerträge aus, die bei den gegebenen Verhältnissen ohnehin im Grenzbereich der Rentabilität liegen.
 
Abgesehen von den genannten Prozessen der Bodenerosion, die mit der Abtragung der oberen Schichten durch Wasser und Wind zugleich den ohnehin geringen Humusgehalt des Oberbodens reduzieren, finden durch die fortschreitende Austrocknung (Aridifizierung) Umwandlungen in der ganzen Bodenschicht statt. Die Aridifizierung fördert den kapillaren Aufstieg der Bodenfeuchtigkeit mit mineralischen Bestandteilen, wie Calcium und Eisen. Durch die Ausscheidung dieser Partikel an der Bodenoberfläche (infolge der Verdunstung) wird diese verhärtet, es kommt zur Krustenbildung. Diese wiederum hat zur Folge, dass das Einsickern des Regenwassers vermindert wird, was wiederum die Austrocknung fördert. Auch der Regenabfluss wird durch die Bodenverhärtung beschleunigt, wodurch die flächenhafte Verschwemmung der Lockersedimente auf der Landoberfläche verstärkt wird. Freiflächen in tonreichen Böden verhärten schneller als in Sandböden, die infolge ihres größeren Porenvolumens schneller und mehr infiltrierendes Wasser aufnehmen. Messungen nach einem Starkregen in der afrikanischen Savanne haben ergeben, dass die Durchfeuchtungstiefe einen Meter in Sandsedimenten, hingegen nur bis zu 30 Zentimeter in tonigen Böden beträgt. Hierauf reagiert natürlich die Pflanzenwelt, weshalb Sandböden immer einen reicheren Pflanzenwuchs aufweisen. Wenn aber diese auf Sand wachsenden Pflanzen der Desertifikation unterliegen, wird die Winderosion erheblich gefördert.
 
Ein weiterer Vorgang im Boden wird durch die Austrocknung verstärkt. So wird durch die erhöhte Verdunstung ein großer Teil der Bodenporen entwässert, die sich dann allmählich mit Luft auffüllen, was sich negativ auf die Wasserleitfähigkeit im Boden auswirkt. Dadurch entsteht ein Bodenluftpolster, das einerseits als Verdunstungsbarriere (»Evaporationsbarriere«) wirkt, andererseits aber auch das Einsickern des Regenwassers stark behindert. Man kennt diesen Vorgang vom Begießen eines Blumentopfes, in dem die Erde stark ausgetrocknet ist: Das Wasser dringt kaum in die Erde ein.
 
Insgesamt werden durch die anthropogen beschleunigte Aridifizierung alle biotischen Funktionen im Boden gestört, so auch die bakterielle Lebewelt. Die natürliche Regeneration der Böden, die in der ariden Zone ohnehin sehr langsam verläuft, wird bei solchen degradierten Böden fast ganz unterbrochen, weil zu allen diesen chemischen und biotischen Vorgängen Bodenwasser benötigt wird. Man kann dann auch von einem »toten« Boden sprechen.
 
Der Grad der Bodendegradation wird an den Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktivität gemessen, sowohl im Anbau als auch in der Weidevegetation. Von leicht degradierten Böden, das sind Böden, die durch besseres Bodennutzungsmanagement auch wieder verbessert werden können, bis zu starker und extremer Degradierung besteht ein allmählicher Übergang. In »UNEP's World Atlas of Desertification« sind folgende Angaben über die Anteile degradierter Böden in den jeweiligen Trockengebieten gemacht: Für Europa (Spanien, Sizilien, Griechenland, Russland, Ukraine) 33 %, für Afrika und Asien 25 %, Australien 13 %, Nordamerika 11 % und für Südamerika 15 %. Die hohen Werte für Europa, Afrika und Asien (es handelt sich natürlich um Näherungswerte) sind nur durch die Intensität und das historische Alter der Inkulturnahme dieser Gebiete zu erklären. Eine Produktivitätssteigerung dieser degradierten Böden durch chemische Düngung ist hierbei nicht berücksichtigt.
 
Nach der Studie »Global Assessment of Human Induced Soil Degradation« (GLASOD) wird für die Trockenzone der Anteil der Bodendegradierung durch Winderosion mit 60 % angegeben, wohingegen dieser in der trockenen subhumiden Übergangszone immerhin noch 21 % beträgt. Der Anteil der durch Wassererosion betroffenen Degradierungsvorgänge verhält sich umgekehrt, nämlich 63 % in der subhumiden und 29 % in der ariden Zone. Diese Zahlen (ebenfalls nur Näherungswerte) verdeutlichen auch die unterschiedliche Wirksamkeit des arid-morphodynamischen Systems in der Trockenzone.
 
Hydrologische Veränderungen
 
Die genannten Veränderungen im Ökosystem zeigen einen Wandel an, der sich durch Verminderung der Regenmenge, die in den Boden infiltriert, insbesondere auf den Wasserhaushalt auswirkt. Mit gleichzeitiger Erhöhung der Verdunstung verringert sich die ökologisch positive Auswirkung des Niederschlags auf die Pflanzenwelt und die Bodenfruchtbarkeit, weil das gesammelte Regenwasser schneller und konzentrierter abfließt und dadurch die Erosionsprozesse verstärkt werden.
 
Die in ariden Gebieten weit verbreitet auftretenden Bodensalze als Rückstände der Verdunstung, die aus salzreichen oberflächennahen Gesteinsschichten stammen, werden mit dem rasch abfließenden Regenwasser in die zahlreich vorhandenen geschlossenen Mulden und Bodensenken eingespült und führen in deren Salzlagunen zu erhöhter Salzkonzentration. Der anthropogene Eingriff in die Pflanzendecke mit allen seinen Folgen führt damit durch den schnelleren Abfluss des Regenwassers auch zu verstärkter Versalzung in den abflusslosen (endorhëischen) Geländeformen, ein Vorgang, der in allen Trockengebieten der Erde beobachtet werden kann. Die erhöhte aktuelle Verdunstung wirkt sich dabei ebenfalls aus.
 
Der verstärkte Abfluss des Oberflächenwassers hat auch Folgen für das Abflussverhalten in den Wadis. Auch hier steigert sich der konzentrierte Abfluss nach Starkregen zu Flutkatastrophen, die in den Tälern zu Zerstörungen führen, besonders wenn Anbaukulturen, zum Beispiel auf Talterrassen, bis an das Hochwasserbett heranreichen. Stark betroffen von solchen Flutkatastrophen sind Vorlandtäler am Gebirgsrand, wenn dort eine starke Entwaldung stattgefunden hat, die den verstärkten Abfluss zum Vorland bewirkt. Diese Situation ist in vielen randlichen Trockengebieten, die noch einen natürlichen Wald tragen, gegeben, und zwar in allen Kontinenten. Zerstörungen im Kulturland sind zumeist die Folge, wobei die Schädigung oder Vernichtung der Pflanzendecke hierbei ebenfalls der auslösende Faktor ist.
 
Auch zwischen Desertifikation und Grundwasserspiegelabsenkungen gibt es enge Beziehungen. Zum einen wird die Ergänzung des Grundwassers durch beschränkten und rascheren Oberflächenabfluss mit gleichzeitig erhöhter Verdunstung vermindert, zum anderen werden durch heutige technische Möglichkeiten mehr Grundwasservorräte »ausgebeutet«, ohne dass diese in den Trockengebieten ausgleichend ergänzt werden können. Eine nachhaltige Entwicklung in der Nutzung des Grundwassers muss hier an Stelle der ökologischen Ausbeutung treten.
 
Der Ursachenkomplex der Desertifikation und die Aridifizierung
 
Die geoökologischen Auswirkungen der Desertifikation sind zwar, wie bisher beschrieben, an typischen Indikatoren in den Steppen- und Savannenlandschaften der Trockengebiete erkennbar, bilden aber zusammen ein Wirkungsgefüge (Faktorenkomplex), das insgesamt zur Landdegradierung und schließlich zur Entstehung wüstenhafter Bedingungen führt. Ein quasi irreversibler, das heißt fast nicht mehr zu ändernder Endzustand würde dann erreicht, wenn das Land durch diese geoökologischen Prozesse zur »man-made desert« (vom Menschen gemachten Wüste) wird, die nicht einmal mehr eine Nutzung durch Tierhaltung gestatten würde. Leider ist der Desertifikationsprozess in Teilen der Trockengebiete bereits auf diesem Wege.
 
Wie schon mehrfach dargelegt, beginnt der Desertifikationsprozess mit einem ökologisch nicht mehr verträglichen Eingriff in die Vegetationsdecke. Dieser verläuft im flächenhaften Anbaugebiet bis zur klimatisch-agronomischen Trockengrenze anders als im semi-ariden Weideland mit Gras- und Strauchbewuchs, wo es auf den Erhalt der natürlichen Regenerationsfähigkeit der Futterpflanzen ankommt. Ist diese durch fortschreitende edaphische, das heißt den Boden betreffende Austrocknung nicht mehr gewährleistet, verschlechtert sich das Weidepotenzial zunehmend bis zur notwendigen Aufgabe der Tierhaltung.
 
Die nächste geoökologische Folge ist verstärkte Erosion im Bodenbereich, die gleichzeitig den Wasserhaushalt verändert. Hier tritt die Frage auf, inwieweit dadurch auch die klimatischen Verhältnisse betroffen sind. Sicher sind im mikro- und mesoklimatischen Bereich, insbesondere durch die Erhöhung der aktuellen Verdunstung, ökologische Schäden mit Rückwirkungen auf die Vegetation zu erwarten. Auch die verstärkte Windwirkung beschleunigt den Austrocknungsvorgang. Ob jedoch über den mesoklimatischen und damit über den lokalen Bereich hinaus klimatische Änderungen auftreten, ist auch vom großklimatischen System mit seiner Niederschlagsverteilung abhängig. Zwischen den trockenen Sub- und Randtropen ist hierfür übergeordnet die atmosphärische Zirkulation verantwortlich, die Veränderungen dann unterworfen wäre, wenn großflächige Zerstörungen des semiariden Ökosystems, zum Beispiel in der gesamten Steppenzone, erfolgen würden. Auf diese Gefahr wird häufig in den Medien allzu verallgemeinernd hingewiesen, oft genug ohne genauere Kenntnisse der naturgegebenen Klimabedingungen mit ihrer Variabilität.
 
Welches aber sind die direkten Folgen des geoökologischen Faktorenkomplexes der Desertifikation für die Bewohner der Trockengebiete? Die beschriebenen Indikatoren haben uns bereits gezeigt, dass von der Pflanzendecke bis zum Wasserhaushalt das gesamte Ökosystem betroffen ist. Dies bedingt eine erhebliche Verschlechterung der natürlichen Ressourcen. Die schon vor Jahrzehnten gestellte Frage »Trocknet Afrika aus?« wird durch die Aridifizierung bejaht. Ähnliches gilt für desertifikationsgefährdete Gebiete in anderen Kontinenten. Konsequenzen hieraus werden vor allem hinsichtlich der Bekämpfungsmaßnahmen gezogen werden müssen; denn die Maßnahmen bezüglich nur eines Faktors, wie der Bodenerosion, reichen nicht aus, die Desertifikation zu stoppen.
 
Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen in Entwicklungsländern
 
Schon bei der Frage nach den Ursachen der Desertifikation musste auch nach der sozialen und wirtschaftlichen Situation der Bevölkerung gefragt werden. Nun ist dabei eine klare Unterscheidung zwischen Verursachern und Opfern nicht immer zu treffen, jedenfalls nicht, soweit es die ärmeren Entwicklungsländer angeht. Die sozioökonomischen Folgen für die Subsistenzwirtschaft der Entwicklungsländer betreffen in erster Linie die Verschlechterung des Nutzungspotenzials, sowohl im Regenfeldbau als auch in der Weidewirtschaft. Wenn in Anbaugebieten, vor allem beim Überschreiten der Trockengrenze und zugleich als Dürrefolge, die Produktion etwa im Hirseanbau stark zurückgeht und in extremen Dürrejahren ganz ausfallen kann, ist nicht nur eine Vermarktung, sondern oft die Ernährung selbst gefährdet. Durch Vernachlässigung der Vorratswirtschaft verschlimmert sich diese Situation. Ausreichend Geld zum Kauf von Nahrungsmitteln steht meistens nicht zur Verfügung, zumal in solchen Zeiten auch die Marktpreise steigen. Tierhalter haben dagegen Schwierigkeiten, ihre Tiere zu verkaufen, weil ein Überangebot besteht; die Preise sind zudem sehr niedrig. Andere Erwerbsmöglichkeiten bestehen in den armen Entwicklungsländern zumeist nicht. Hunger breitet sich in solchen Dürrezeiten aus. Davon ist zuerst die ärmere Bevölkerung betroffen. Staatliche Hilfe ist kaum zu erwarten, sodass die internationale Nahrungshilfe einspringen muss. Diese kann allerdings auch zu Missbräuchen führen, wenn die Hilfsgüter die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht erreichen, sondern auf den Lokalmärkten verkauft werden. In manchen Desertifikationsgebieten sind auch die lokalen Entwicklungsmöglichkeiten nach einer Dürre eher gestört, besonders wenn Lebensmittel geliefert worden sind, die nicht zur traditionellen Ernährungsweise gehören.
 
Die sozioökonomischen Folgen für die von Desertifikation betroffene Bevölkerung in staatlichen Anbaugebieten oder auch in großen Bewässerungsgebieten sind anderer Art. Hier fallen durch den Produktionsrückgang Arbeitsplätze weg, die zumeist nicht durch andere Beschäftigungen ersetzt werden können. Staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es fast nirgends. Saisonarbeiter müssen in ihre Herkunftsgebiete zurückkehren, ohne dort eine bessere Situation vorzufinden. Sie können dann nicht mehr ihre Familien unterstützen. Die Armutssituation verschlimmert sich.
 
Die Ressourcenschädigung in großen Weidegebieten hat sozioökonomische Folgen für die nomadischen Tierhaltergesellschaften etwa im Sahel Afrikas: Der Tierbestand muss drastisch verringert werden, wobei eine rasche Vermarktung der Tiere an oft wenig aufnahmefähigen Märkten scheitert und weil Kühlhäuser fehlen keine Lagerung von Fleisch möglich ist. Der Tierbestand reduziert sich infolge von Wasser- und Futtermangel drastisch. Abwanderung in weniger betroffene Gebiete ist meistens nicht mehr möglich. Soziale und wirtschaftliche Folge ist dann oft zeitweise oder auch endgültig Sesshaftigkeit mit eingeschränkten Wanderungen des restlichen Tierbestandes. Dies aber führt zu weiterer Überweidung im Umkreis der betroffenen Siedlungen und zur Erweiterung des Desertifikationsringes um diese Siedlungen. Eine allgemeine Verarmung ist auch hier meistens eine Folge.
 
Soziale Folgen in der traditionalen Gesellschaftsordnung
 
In vielen altweltlichen Entwicklungsländern ist die soziale Struktur ethnisch geprägt: Stammesverbände, Sippen und Familien sind die wichtigsten Formen des Zusammenlebens. Wurden diese Lebensformen von Dürren mit Desertifikationsfolgen betroffen, so war früher die gegenseitige Hilfe für das Überleben ausschlaggebend. Heute kommt es fast überall zur Auflösung dieser traditionellen Strukturen. Sowohl externe Einflüsse als auch interne Wandlungen sind daran beteiligt.
 
Bei Kinderreichtum gibt es Bestrebungen, wenigstens einigen Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen. Dies führt zu neuen Bindungen, erfordert mehr Sesshaftigkeit der nomadischen Familien, was für die traditionellen Nutzungsformen des Landes oft Veränderungen bringt. Das Streben nach mehr Verdienst durch höhere Agrarproduktion, auch in der Tierhaltung, führt oft zur Übernutzung des vorhandenen Potenzials und damit zu weiterer Degradierung der Ressourcen: Alles in allem ein Teufelskreis.
 
Insgesamt sind die sozioökonomischen Folgen in den Entwicklungsländern der Trockengebiete sehr unterschiedlich, sowohl innerhalb der ethnischen Gruppen als auch mit Blick auf die Gesellschaftsschichten; denn die Ärmeren auf dem Land sind immer stärker von den Folgen der Desertifikation betroffen als die Reicheren, die es auch in den Entwicklungsländern gibt.
 
Sozioökonomische Folgen durch Abwanderung
 
In vielen Familien, die in den Desertifikationsgebieten der Trockenzone der Alten Welt leben, wird heute versucht, die wachsende Armut durch zeitweise Abwanderung in die Städte auf der Suche nach neuen Verdienstmöglichkeiten zu mildern. Zumeist sind es erwerbslose Männer, die diesen Weg gehen. In solchen Gebieten setzt sich daher die Landbevölkerung überwiegend aus Frauen, Kindern und alten Menschen zusammen. Von den Städten aus soll dann ein Teil des als Wärter, Bote, Hausangestellter oder als Taxifahrer verdienten Geldes den Familien zu Hause zugute kommen, was jedoch meistens nur eine bescheidene Hilfe darstellt. Viele solcher Abwanderer verlieren auch ganz den Kontakt mit ihrer Sippe.
 
Für die zurückbleibenden Familienmitglieder, besonders für die Frauen, ergibt sich dann die schwere Situation, den Unterhalt selbst zu erwirtschaften. Sie sind gezwungen in der Landwirtschaft alle Arbeiten zu verrichten, was in Dürrezeiten besondere Strapazen mit sich bringt. Insofern sind gerade die Frauen in den Desertifikationsgebieten die Leidtragenden, die zudem noch — oft mit weiten Wegen verbunden — für Wasser, Feuerholz und den Verkauf ihrer wenigen Gartenprodukte sorgen müssen.
 
Die zeitweiligen und besonders die dauerhaften Abwanderungen aus dem ländlichen Raum in die Städte schaffen Probleme auch im städtischen Bereich, denn infolge der sich verschlechternden Lebenssituation im ländlichen Raum ziehen ganze Familien in die wenigen, schon überfüllten Städte. Es entstehen neue Slums, denen die notwendige urbane Integration fehlt. Die schlechte wirtschaftliche Situation der Zuwanderer und ihre soziale Isolierung bringen somit auch politische Probleme mit sich. Es ist dabei klar, dass die dargestellte Problematik nicht allein als Folge der Desertifikation erklärt werden kann, wenngleich diese an der Verschlechterung der Lebensbedingungen in den Trockengebieten wesentlichen Anteil hat und in Desertifikationsgebieten auslösender Faktor der Abwanderung ist.
 
Folgen der Veränderungen im Bodenrecht
 
In den meisten Entwicklungsländern ist die Landnutzung durch traditionelle Bodennutzungsrechte geregelt. Offiziell festgeschriebene Bodenrechte, die in Katastern vermerkt sind, bestehen jedoch nicht überall. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben immer wieder nach Dürren und Desertifikation Verschiebungen gebracht, die häufig zu Konflikten zwischen den Landnutzern geführt haben, besonders zwischen Nomaden und sesshaften Ackerbauern. Während der Kolonialzeit gab es neue, staatlich festgelegte Anbaugebiete und neue Regelungen im Beweidungsrecht und für die Wanderungen der Tierhalter. Durch das Sesshaftwerden von vorher mobilen Gruppen traten ebenfalls Konflikte auf. Alte Stammesrechte wurden außer Kraft gesetzt.
 
Insgesamt brachten Verluste durch Desertifikationsschäden große Einschränkungen auch in den Nutzungsrechten mit sich. Durch staatliche Dekrete wurden Weideareale einiger Stämme für die allgemeine Nutzung freigegeben. Selten wurden dagegen Maßnahmen zu einer neuen Einbindung der nomadischen Tierhalter in das bestehende Wirtschaftssystem ergriffen. In der sozialistischen Nutzungsordnung der ehemaligen Sowjetunion wurde zum Beispiel die nomadische Weidewirtschaft in Turkestan ganz untersagt, stattdessen wurden Staatsbetriebe geschaffen. Staatliche Eingriffe in das traditionelle Nutzungsrecht hatten auch Folgen für den Desertifikationsprozess.
 
Politische Folgen
 
Viele der von Desertifikation betroffenen Gebiete in Entwicklungsländern liegen fern von den städtischen Zentren, in denen die politischen Entscheidungen getroffen werden. Die Bevölkerung solcher Gebiete fühlt sich oft mit ihren Problemen bei der Bewältigung von Dürre- und Desertifikationsschäden allein gelassen. Entwicklungshilfe von Industrieländern geschieht vielfach isoliert von der Politik der zuständigen einheimischen Ministerien, für die der Gedanke an Umweltschutz noch fremd ist oder doch weit zurücksteht hinter anderen Entwicklungsbestrebungen des Landes.
 
Dadurch entstehen häufig politische Instabilitäten, wobei die verschlechterte Lebensqualität infolge der Ressourcenschädigung eine entscheidende Rolle spielt. Nicht selten kommt es dabei zu kriegerischen Auseinandersetzungen. In Südamerika sind es zumeist Indianergruppen, bei denen sich die Landdegradierung stärker auf ihre Eigenversorgung auswirkt und politische Unzufriedenheit schafft.
 
Insgesamt ist daraus zu folgern, dass auch eine bessere wirtschaftliche Einbindung der betroffenen Bevölkerung in solchen Gebieten innerstaatlich angestrebt werden muss, um der Desertifikation Herr zu werden.
 
Folgen der Desertifikation in Industrieländern
 
Während die Ökosysteme der Entwicklungsländer und der Industrieländer mit Trockengebieten in vielem ähnlich sind, sind ihre Nutzungssysteme sehr unterschiedlich. Sowohl die Motivation der Nutzung als auch die sozialen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Nutzergruppen sind verschieden. Deshalb sind auch die Folgen der Desertifikation für die Menschen andere. Betrachten wir — als Exkurs — diese in Nordamerika und in Australien, und sehen wir von den jeweiligen Ureinwohnern, den Indianern und den Aborigines, mit ihren voreuropäischen Nutzungsmethoden ab, so sind die argarwirtschaftlichen Systeme dort ausschließlich ertrags- und verkaufsorientiert. Dürreperioden, die es auch dort gibt, treffen nicht (mehr) die Lebensgrundlage der Bevölkerung insgesamt, allenfalls bedingen sie zeitweise Verdienstausfälle oder zwingen einzelne Farmbetriebe zur Aufgabe.
 
Dürren und Desertifikationsfolgen werden anders aufgefangen als in den Entwicklungsländern mit vorherrschender Subsistenzwirtschaft, die nur zur Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes ausreicht. In der Tierhaltung, die in Australien eine vorherrschende Nutzungsform ist, wird der Tierbestand dann drastisch verringert, und zwar durch Verkauf und Schlachtung der Tiere. Nomadische Tierhaltung ist hier unbekannt und die großen privaten und im Besitz von Agrargesellschaften befindlichen Weideareale sind zudem fest eingezäunt und überwacht. Allerdings kommen auch hier, besonders in Trockenzeiten, Degradierungsschäden vor, die eine Verringerung des Tierbestandes notwendig machen.
 
Da in den USA eine externe Wasserzufuhr durch Fremdlingsflüsse und durch Kanalsysteme, zumeist hoch technisiert, gegeben ist, sind ausgedehnte Bewässerungskulturen entstanden. Diese sind ausschließlich ertragsorientiert. Auch die zum Teil stationäre Tierhaltung ist so organisiert.
 
Im trockenen Westen Nordamerikas kam es zu starker Ausbeutung des auch hier beschränkten Potenzials. Die Dust Bowl (»Staubschüssel«) in den Great Plains und viele Formen von Badlands (»Schlechtes Land«, also zu nichts zu gebrauchen) in den Prärien sind eine Folge davon. In den Dürrejahren von 1930 bis 1935 wurden zum Beispiel 650 000 Farmer mit 400 000 Quadratkilometern Land als ruiniert gemeldet, was natürlich auch sozioökonomische Folgen hatte. Heute sind in den USA mit dem »Soil Conservation Service« (staatlicher Dienst für Bodenerhaltung und Erosionsschutz) und der Einführung des »dry farming«, einer speziellen Landbearbeitung in Trockengebieten unter Erhalt der Bodenfeuchtigkeit, Gegenmaßnahmen gegen die Bodendegradation entwickelt worden. Allerdings erfordert dies einen entsprechenden Kapitaleinsatz, der in Entwicklungsländern nicht zur Verfügung steht.
 
Auch auf die schwerwiegenden Eingriffe im Weideland Australiens, vor allem durch Vernichtung des Baumbestandes im 19. Jahrhundert, muss hingewiesen werden. Diese ökologische Degradierung hatte natürlich auch hier sozioökonomische Folgen in den ersten Generationen der Siedler, die aus Europa nach Australien gekommen waren.
 
Der Ursachen-Folgen-Komplex der Desertifikation
 
Die Desertifikation im weitesten Sinn ist ein komplexes Phänomen, auf dessen Ursachen und Auswirkungen die klimatischen Bedingungen wie auch die verschiedenartigsten vom Menschen ausgelösten Eingriffe in das Ökosystem sich gegenseitig verstärkenden Einfluss haben. Dabei sind sowohl im Ursachenkomplex als auch im Folgenkomplex naturökologische und humanökologische Faktoren eng miteinander verwoben.
 
Die Landnutzungsressourcen sind in ihrem Potenzial klimatisch beschränkt, und zwar durch Wassermangel, durch Austrocknung der Böden und durch die in den Trockenmonaten eingeschränkte Regenerationskraft der Vegetation (Dürren!). Jede Art von Übernutzung grenzt die hiervon abhängigen Ressourcen für die Landnutzung weiter ein. Daraus entwickelt sich ein Selbstverstärkungsvorgang, der letztlich zur vom Menschen gemachten Wüste — zur »man-made desert« — führt. Da die vom Menschen ausgelösten Eingriffe in das Ökosystem verschiedengradig intensiv sind, auch in ihrer Dauer, entwickeln sich daraus unterschiedliche Grade der Desertifikation. Die in der Landschaft sichtbaren Indikatoren des Schädigungsgrades zeigen diesen Prozess an.
 
Auch in der betroffenen Bevölkerung entsteht ein Ursachen-Folgen-Komplex, der sich selbst verstärkt. Verursacher und Opfer der Desertifikation können ja nicht immer getrennt gesehen werden. In den armen Ländern bewirken Desertifikationsfolgen verstärkte Übernutzung der eingeschränkten Ressourcen (Wasser, Boden, Pflanzen), was wiederum den Desertifikationsprozess fördert. Eine weitere Verarmung ist die Folge.
 
Damit wird deutlich, dass alle hier genannten Beispiele einen Gesamtkomplex bilden, in dem vielfältige Faktoren miteinander verflochten und interaktiv wirksam sind. Bei allen Entwürfen von Gegenmaßnahmen ist dies zu beachten.
 
Prof. Dr. Dr. h.c. Horst G. Mensching
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Desertifikation: Gegenmaßnahmen
 
Desertifikation: Regionale Beispiele
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Lebensraum: Zerstörung durch Landerschließung
 
 
Desertification. Its causes and consequences, bearbeitet vom Secretariat of the United Nations Conference on Desertification, Nairobi, Kenya, 29 August to 9 September. Oxford u. a. 1977.
 Mainguet, Monique: Aridity. Droughts and human development. Aus dem Französischen. Berlin u. a. 1999.
 Mensching, Horst G.: Desertifikation. Ein weltweites Problem der ökologischen Verwüstung in den Trockengebieten der Erde. Darmstadt 1990.
 Mensching, Horst G.: Die Verwüstung der Natur durch den Menschen in historischer Zeit: Das Problem der Desertification, in: Natur und Geschichte, herausgegeben von Hubert Markl. München u. a. 1983.
 
World atlas of desertification, herausgegeben von Nick Middleton u. a. London u. a. 21997.

Universal-Lexikon. 2012.

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